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Dürfen kirchliche Arbeitgeber in Bewerbungsverfahren die Konfessionszugehörigkeit abfragen?

Kirchliche Arbeitgeber müssen für jede ausgeschriebene Stelle prüfen, ob die Konfessions-zugehörigkeit für die Ausübung der Tätigkeit notwendig ist.

Die berufliche Anforderung – Angehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft – ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie angesichts des Ethos der Kirche und der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Erbringung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Die Darlegungs- und Beweislast trägt der Arbeitgeber. Die Behauptung, die Auswahlentscheidung sei allein nach dem Prinzip der Bestenauslese getroffen worden, ist nicht geeignet, eine Benachteiligung wegen der Religion zu widerlegen.

Für das Arbeitsgericht Karlsruhe war bereits die Frage nach der Konfessionszugehörigkeit im Vorstellungsgespräch ein zwingendes Indiz für eine Diskriminierung. Dieses Indiz konnte der Arbeitgeber im Verfahren nicht wiederlegen (ArbG Karlsruhe vom 18.09.2020 – 1 Ca 171/19, BAG vom 25.10.21018 – 8 AZR 501/14).

1.)

Nur wenn nach dem Ethos bzw. der Grundordnung oder den Loyalitätsrichtlinien die Zugehörigkeit zur jeweiligen Religionsgemeinschaft für die ausgeschriebene Tätigkeit zwingend erforderlich ist, darf im Bewerbungsgespräch die Angehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft erfragt werden (EUGH vom 17.04.2028, Rechtssache C-414/16 Vera Egenberger ./. Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V., BAG, Urteil vom 25.10.2018 – 8 AZR 501/14)

Im Falle einer Schadensersatzklage eines unterlegenen Bewerbers gem. § 15 Abs. 2 AGG, mit der der unterlegene Bewerber wegen eines behaupteten Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot wegen der Religion einen Schadensersatz einklagt, muss der kirchliche Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Frage nach der Religionszugehörigkeit keine unmittelbare Benachteiligung darstellt, da die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft eine zwingende berufliche Anforderung für die ausgeschriebene Tätigkeit darstellt.

Ob die Angehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft erforderlich ist, ergibt sich aus der Grundordnung des kirchlichen Dienstes der katholischen Kirche vom 22.11.2022 sowie der EKD-Mitarbeitsrichtlinie vom 20.01.2024 .

Die Mitarbeitsrichtlinie der EKD regelt in § 4 Abs. 1 folgende Anforderungen an Mitarbeitende bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses:

  1. Die Auswahl der beruflich in der Kirche und ihrer Diakonie sowie in den weiteren zugeordneten Einrichtungen tätigen Mitarbeitenden richtet sich nach der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in seiner konkreten Ausgestaltung. Das Erfordernis der Mitgliedschaft von Mitarbeitenden in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen bestimmt sich nach der Art der Tätigkeit und den Umständen ihrer Ausübung.
  2. Für Tätigkeiten in der Verkündigung, der Seelsorge, der evangelischen Bildung oder in besonderer Verantwortlichkeit für das evangelische Profil wird die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) vorausgesetzt. Dies gilt für die evangelische Kirche, ihre Diakonie sowie für deren weiteren zugeordneten Einrichtungen. Der Mitgliedschaft in einer EKD-Gliedkirche gleichgesetzt ist die Mitgliedschaft in einer Kirche in Kirchengemeinschaft mit der EKD.
  3. In weiteren Fällen kann aufgrund der Art der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland, einer Kirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen erforderlich sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Tätigkeit mit einer Verantwortung für die evangelische oder christliche Profilierung der Dienststelle oder Einrichtung oder einer glaubwürdigen Vertretung nach Außen verbunden ist oder die Umstände ihrer Ausübung dies unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie des jeweiligen Umfeldes erforderlich machen. Der Anstellungsträger legt diese Erfordernisse entsprechend fest.

Die Grundordnung des kirchlichen Dienstes der katholischen Kirche regelt in Artikel 6 die Anforderungen bei der Begründung des Dienstverhältnisses wie folgt:

  1. Der Dienstgeber muss bei der Einstellung darauf achten, dass Bewerberinnen und Bewerber fachlich befähigt und persönlich geeignet sind, um die vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Im Bewerbungsverfahren sind die Bewerberinnen und Bewerber mit den christlichen Zielen und Werten der Einrichtung vertraut zu machen, damit sie ihr Handeln am katholischen Selbstverständnis ausrichten und den übertragenen Aufgaben gerecht werden können. Im Bewerbungsverfahren ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung zu wahren. Mit der Vertragsunterzeichnung bringen die Bewerberinnen und Bewerber zum Ausdruck, dass sie die Ziele und Werte der kirchlichen Einrichtung anerkennen.
  2. Von allen Mitarbeitenden wird im Rahmen ihrer Tätigkeit die Identifikation mit den Zielen und Werten der katholischen Einrichtung erwartet.
  3. Pastorale und katechetische Tätigkeiten können nur Personen übertragen werden, die der katholischen Kirche angehören.
  4. Personen, die das katholische Profil der Einrichtung inhaltlich prägen, mitverantworten und nach außen repräsentieren, kommt eine besondere Verantwortung für die katholische Identität der Einrichtung zu. Sie müssen daher katholisch sein.
  5. Wer sich kirchenfeindlich betätigt, wird nicht eingestellt. Das gilt auch für Personen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind.

Gerade unter Berücksichtigung der neuen Grundordnung der katholischen Kirche sowie der neuen Mitarbeitsrichtlinie der EKD wird jedem Dienstgeber empfohlen vorab über seine Gremien (Vorstand, Caritasrat, Kirchenvorstand etc.) festzulegen, für welche Tätigkeit aus welchem Grund eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche oder in einer Gliedkirche der EKD erforderlich ist. Es sind dann für die Tätigkeiten, für die nach dem Verständnis des Dienstgebers eine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche oder einer evangelischen Gliedkirche erforderlich ist, eigenständige Bewerberfragebögen zu erstellen.

2.)

Für beide Kirchen stellt der Kirchenaustritt ein kirchenfeindliches Verhalten dar.

Viele Dienstgeber möchten, als kleine Lösung, erfragen, ob denn der Bewerber aus der katholischen Kirche oder einer evangelischen Gliedkirche ausgetreten ist.

Die aktuelle Grundordnung der katholischen Kirche bewertet weiterhin den Austritt aus der Kirche als kirchenfeindliches Verhalten. Auch hier bestehen die gleichen Risiken wie oben beschrieben. Auch hier sollte der Dienstgeber festlegen, für welche dienstliche Tätigkeit er nach dem Austritt aus der katholischen Kirche fragt. Laut Art. 6 Grundordnung wird nicht eingestellt, wer sich kirchenfeindlich verhält. Wer austritt, wird nach der Grundordnung ebenfalls nicht eingestellt. Diese Frage dürfte im Bewerbungsgespräch zulässig sein. Gerichtliche Entscheidungen zu derartigen Sachverhalten unter Berücksichtigung der neuen Grundordnung sowie der neuen Mitarbeitsrichtlinie sind nicht bekannt.

 

Golo Busch

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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