Insbesondere für Mieter und Vermieter von Geschäftslokalen stellt sich aktuell die Frage, ob die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Tagesgeschäft die Mietzahlungsverpflichtung beeinflussen. Schließlich waren dem deutschen Mietrecht flächendeckende Schließungen bedingt durch staatliche Maßnahmen bislang fremd.
Problemstellung
Im Grunde gilt: Der Vermieter hat dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren, der Mieter ist wiederum verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 BGB).
Bei nach wie vor uneingeschränkt geöffneten Geschäften führt ein bloßer Rückgang von Kunden- oder Besucherzahlen also nicht zu einer Befreiung von der Pflicht, die Miete ungekürzt zu zahlen. Grundsätzlich kann der jeweilige Mietvertrag jedoch eine abweichende Risikoverteilung vorsehen.
Ein Blick in der Vertrag erleichtert die Rechtsfindung
Auch bei behördlich angeordneten Betriebsschließungen kann sich ein Blick in den Mietvertrag lohnen. Dass dieser bereits eine vertragliche Risikoverteilung für Pandemien enthält, dürfte zum jetzigen Zeitpunkt allerdings eher einen Exoten in der Vertragslandschaft darstellen. Mitunter enthält der jeweilige Mietvertrag jedoch Regelungen für Fälle höherer Gewalt, sog. Force-Majeure-Klauseln. Ob die Corona-Pandemie einen Fall höherer Gewalt darstellt, kann mangels einschlägiger Rechtsprechung bislang nicht rechtssicher beantwortet werden, fernliegend ist der Gedanke jedoch keineswegs. Nach der Rechtsprechung ist ein Fall höherer Gewalt ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes Ereignis, das auch durch die vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt weder abwend- noch vorhersehbar ist.
Das Gesetz selbst gewährt Ladenmietern in diesen Fällen grundsätzlich kein Recht auf Kürzung oder Minderung der Miete. Nach der höchstrichterlichen mietrechtlichen Rechtsprechung liegt das Risiko dafür, dass eine bestimmte Betriebsart behördlich untersagt wird, bei dem Mieter.
Die bisherigen coronabedingten Betriebsschließungen auf Grundlage behördlicher Anordnungen, sind in der Regel zwecks Eindämmung von Infektionsrisiken erfolgt. Zu einer Mietminderung sind bislang jedoch nur behördlich angeordnete Betriebsschließungen von Geschäften, welche die Nahversorgung der Bevölkerung sichern (wie ein Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, etc.), berechtigt.
Eine Pflicht zur Weiterzahlung der ungekürzten Mieten an den Vermieter besteht auch im Fall einer freiwilligen Betriebsschließung seitens des Mieters.
Bisherige Rechtsprechung
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes begründen staatliche Maßnahmen nur dann einen Mangel und damit einhergehend eine Mietminderung kraft Gesetz, wenn sie unmittelbar auf der konkreten Beschaffenheit der Mietsache beruhen und nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben (BGH vom 13. Juli 2011 − XII ZR 189/09). Diese Voraussetzungen dürften regelmäßig nicht gegeben sein.
Abzuwarten bleibt, ob sich aufgrund des Ausmaßes der Corona-Krise Veränderungen in der Rechtsprechung ergeben und die bestehende Pflicht zur unbeschränkten Weiterzahlung von Mieten eine Korrektur erfährt. Denkbar wäre dies beispielsweise in Form einer Anpassung der Vorschriften über die „Störung der Geschäftsgrundlage“.
Eine Ausnahme kann sich bereits jetzt schon daraus ergeben, dass ein Vermieter freiwillig eine Betriebsschließung anordnet oder den Mieter in der Nutzung der Mieträume beeinträchtigt. In solchen Fällen, in denen die vermieterseitigen Maßnahmen nicht auf einer verpflichtenden behördlichen Anordnung beruhen, kommen Mietminderungen durchaus in Betracht.
Gesetzlicher Kündigungsschutz
Nach dem am 1. April 2020 in Kraft getretenen Art. 240 § 2 EGBGB erfahren neben Wohnungsmietern auch Unternehmer bei einer Nichtzahlung von Mieten in Folge der coronabedingten Isolierungsmaßnahmen Kündigungsschutz. Der Mieter hat dabei den Zusammenhang zwischen der COVID-19-Pandemie und Nichtleistung glaubhaft zu machen.
Tipp
Aufgrund der für Mieter derzeit dennoch schwierigen Rechtslage bietet es sich an, frühzeitig den Dialog mit den Vermietern zu suchen. Stundungsvereinbarungen auszuhandeln erweist sich oftmals als sinnvoll. Hierfür ist eine belastbare Liquiditätsplanung von Vorteil. Mietverträge enthalten zudem häufig sog. Schriftformklauseln, welche im Falle abweichender Vereinbarungen ebenso von den Parteien bedacht werden sollten.
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