Die Parteien haben ihre Anträge in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Damit umgrenzen die Parteien den Streitgegenstand des Verfahrens und beschränken sogleich den Urteilsinhalt für das Gericht. Dies ist Ausfluss des im Zivilprozess geltenden Verhandlungs- und Mündlichkeitsgrundsatzes. Ohne Antragstellung im Prozess darf keine Entscheidung des Gerichts ergehen.
Die Zivilprozessordnung (ZPO) setzt grundsätzlich voraus, dass die Parteien bzw. ihre Prozessvertreter die Anträge aus den vorbereitenden Schriftsätzen verlesen. Die Verlesung der Anträge kann gemäß § 297 Abs. 2 ZPO jedoch dadurch ersetzt werden, dass die Parteien auf die Schriftsätze Bezug nehmen, mit denen sie ihre Anträge angekündigt haben. Diese Art der Antragstellung ist in der Praxis der Regelfall, kann aber im Einzelfall trotzdem schwierig werden.
Der BGH hatte kürzlich ein Verfahren zu entscheiden, bei dem der Kläger in seiner Klageschrift sowohl einen Haupt- als auch einen Hilfsantrag angekündigt hatte. In der mündlichen Verhandlung stellte der Kläger den „Antrag wie im Schriftsatz vom … mit folgender Ergänzung …". Der Beklagte war jedoch ohne seinen Prozessbevollmächtigten zur Verhandlung erschienen und konnte damit nicht wirksam verhandeln. Das Gericht erließ daher ein Versäumnisurteil, gegen welches der Beklagte Einspruch einlegte. Im weiteren Verfahren gab das Landgericht dem Hauptantrag statt, so dass es nicht mehr über den Hilfsantrag entscheiden musste. Im Berufungsverfahren verlor der Kläger jedoch, weil das OLG – anders als das Landgericht – den Hauptantrag für unbegründet hielt. Das OLG meinte auch, dass es nicht über den in der Klageschrift noch angekündigten Hilfsantrag entscheiden müsse, da der Kläger diesen weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufungsinstanz gestellt habe. Da das OLG die Revision nicht zugelassen hatte, erhob der Kläger die Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH – mit Erfolg!
Nimmt eine Partei ausdrücklich auf die Klageschrift Bezug, sind – so der BGH – sämtliche darin angekündigten Anträge gemäß § 297 Abs. 2 ZPO gestellt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich aus dem Verhandlungsprotokoll unmissverständlich ergibt, dass die Partei nur auf einen Teil der angekündigten Anträge Bezug genommen hat. Der Hilfsantrag, den der Kläger mit seiner Bezugnahme gestellt hatte, habe im weiteren Verfahren über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil fortgewirkt. Auch in der Berufungsinstanz sei eine erneute Antragstellung entbehrlich gewesen. Der wegen Zuerkennung des Hauptantrags beschiedene Hilfsantrag sei allein durch die Rechtmitteleinlegung des Beklagten Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden,
BGH, Beschluss vom 5. März 2019, Az.: VIII ZR 190/18.
Fazit: Die Entscheidung des BGH ist zutreffend und konsequent. Gerichte wie auch Anwälte haben bei der Antragstellung im Rahmen der gesetzlichen Erleichterung des § 297 Abs. 2 ZPO daher stets besondere Sorgfalt anzuwenden.