Die Arbeitswelt 4.0 hält auch Einzug in die Betriebsratstätigkeit. In Zeiten der Corona-Krise sind nicht nur Betriebsratssitzungen mittels Video- oder Telefonkonferenz zulässig. Beschlüsse, die in einer solchen Sitzung gefasst werden, sollen ebenfalls wirksam sein.
So positioniert sich zumindest Arbeitsminister Hubertus Heil in einer offiziellen Erklärung (Erklärung des Arbeits- und Sozialministers Hubertus Heil vom 23. März 2020: Ministererklärung zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit der Betriebsräte mit Blick auf Covid 19). Im genauen Wortlaut heißt es:
Offizielle Erklärung des Arbeitsministers
"Die aktuelle Situation um Covid-19 stellt die gesamte Arbeitswelt vor erhebliche Herausforderungen. Das gilt natürlich auch für die Arbeit der Betriebsräte.
Eine solche Ausnahmesituation kann allerdings keine Ausrede sein, um die Betriebsräte zu übergehen und ihre Rechte faktisch außer Kraft zu setzen. Ich appelliere daher an die Arbeitgeber und die Betriebsrätinnen und Betriebsräte: Das Finden von schnellen und pragmatischen Lösungen hat derzeit die höchste Priorität, bitte beherzigen Sie dies bei all Ihrem Handeln.
Für die Betriebsrätinnen und Betriebsräte stellt sich nun allerdings zunehmend die Frage: Wie können wir noch zu einer Präsenzsitzung zusammenkommen, um die erforderlichen Beschlüsse zu treffen und einen Beitrag zur Bewältigung der Auswirkungen von Covid-19 zu leisten?
Der Normalfall ist, dass die Betriebsratsmitglieder zu einer Sitzung zusammenkommen; die Nutzung von Video- oder Telefonkonferenzen ist nicht explizit im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen.
Von einem solchen Normalfall können wir hier jedoch nicht sprechen, denn wir haben es mit einer Ausnahmesituation zu tun. Wir sind daher der Meinung, dass in der aktuellen Lage, wenn beispielsweise die Teilnahme an einer Präsenzsitzung zu Gefahren für das Leben oder die Gesundheit der Betriebsratsmitglieder führt oder wegen behördlicher Anordnungen nicht möglich ist, auch die Teilnahme an einer Betriebsratssitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen wie WebEx Meetings oder Skype, zulässig ist. Dies gilt sowohl für die Zuschaltung einzelner Betriebsratsmitglieder als auch eine virtuelle Betriebsratssitzung.
Die Beschlüsse, die in einer solchen Sitzung gefasst werden, sind nach unserer Auffassung wirksam. Weil es eine handschriftlich unterzeichnete Anwesenheitsliste in solch einem Fall nicht geben kann, sollte die Teilnahme gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden in Textform, also zum Beispiel per E-Mail bestätigt werden.
Auch bei einer Video- oder Telefonkonferenz muss der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit gewahrt bleiben. Es ist also sicherzustellen, dass unberechtigte Dritte an der Sitzung nicht teilnehmen. (...)"
Ob die Gerichte dieser Auslegung folgen, ist allerding noch unklar.
Tipp
Solange dies noch nicht gesetzlich geregelt ist, sollte der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat die Erklärung abgeben, dass er gefasste Betriebsratsbeschlüsse nicht wegen eines möglicherweise bestehenden Verstoßes gegen gesetzliche Formvorschriften anfechten oder inhaltlich bestreiten wird.
Diese Erklärung sollte für die Dauer der Corona-Krise befristet werden.
Zudem sollte diese Erklärung den Hinweis enthalten, dass diese Verfahrensweise keinen Präzedenzfall für die Zeit nach Beendigung der Corona-Krise darstellt.
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