Nicht jeder kann Zeuge sein, dennoch können sich manchmal auch Parteien in den Prozess einbringen. Die Voraussetzungen dafür sind jedoch streng.
Bekanntlich sieht die Zivilprozessordnung (ZPO) nur fünf mögliche Beweismittel im Zivilverfahren vor:
- Sachverständige
- Augenschein
- Parteivernehmung
- Urkunde und
- Zeugen.
Reichen Zeugen oder Urkunden nicht, stellt sich die Frage, wann eine Parteivernehmung möglich ist. Partei im Sinne der §§ 445 ff. ZPO ist, wer zum Zeitpunkt der Einvernahme selbst Kläger oder Beklagter oder das Vertretungsorgan einer Gesellschaft ist. Das heißt, auch der Geschäftsführer einer GmbH ist Partei und kann daher nicht als Zeuge angeboten und vom Gericht vernommen werden.
Die Parteivernehmung als Beweismittel ist zudem von der informatorischen Anhörung der Parteien gemäß § 141 ZPO zu unterscheiden. Diese dient, anders als die Parteivernehmung, nur der Klärung des Parteivortrags.
Gesetzlich geregelte Fälle der Parteivernehmung und deren Voraussetzungen
- Vernehmung des Gegners gemäß §§ 445f. ZPO
Nur die beweispflichtige Partei kann die Vernehmung des Gegners bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 445f. ZPO beantragen. Dies kommt in der Praxis jedoch fast nie vor, da der Gegner in der Regel nicht im Sinne der beweispflichtigen Partei aussagen wird.
- Vernehmung der beweispflichtigen Partei auf Antrag gemäß § 447 ZPO
Beide Parteien können die eigene Vernehmung gemäß § 447 ZPO beantragen – was recht häufig geschieht. Die eigene Parteivernehmung setzt jedoch das Einverständnis des Gegners voraus, das in der Regel nicht erteilt wird. Selbst bei Zustimmung der Gegenseite steht sie im Ermessen des Gerichts. Aus der Verweigerung des Einverständnisses darf das Gericht jedoch keine nachteiligen Schlüsse ziehen.
- Vernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO
Auch ohne Antrag einer Partei (möglich ist jedoch, dies von Seiten einer Partei anzuregen) kann das Gericht von Amts wegen ohne Rücksicht auf die Beweislast eine Partei vernehmen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Erhebung aller angebotenen, zulässigen und erheblichen Beweise
Sämtliche anderen Beweismittel, auch solche die das Gericht von sich aus heranziehen kann, müssen vorher ausgeschöpft werden. Die beweisbelastete Partei muss alle ihr zumutbaren Zeugenbeweise angetreten haben. Nicht erforderlich ist, dass die beweisbelastete Partei eine im Lager des Prozessgegners stehende Person als Zeugen benennt (zuletzt BGH, Urteil vom 12. Dezember 2019, Az.: III ZR 198/18).
- (Noch) nicht gänzlich ausreichendes Beweisergebnis
Die Würdigung des bisherigen Verhandlungsergebnisses begründet noch keine Überzeugung des Gerichts; jedoch muss die bestrittene Behauptung zugleich wahrscheinlich sein, sodass die Parteivernehmung nur noch letzte Zweifel ausräumt.
- Ermessen des Gerichts
Auch wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 449 ZPO vorliegen, steht die Entscheidung, ob das Gericht von Amts wegen die Vernehmung einer Partei anordnet, in dessen Ermessen. Für die Ausübung dieses Ermessens wird insbesondere von Bedeutung sein, ob das Gericht von der Parteivernehmung eine Ausräumung seiner Restzweifel erwartet (Greger/Zöller, ZPO, 32. Auflage, § 448 Rn. 4b).
4. Sonstige Fälle
- Parteivernehmung zur Schadensermittlung gemäß § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO
- Parteivernehmung des Prozessgegners über den Verbleib von Urkunden gemäß § 426 ZPO
- Parteivernehmung gemäß § 595 Abs. 2 (in Verbindung mit §§ 445-447 ZPO)
Tipp:
Bei allen Arten der Parteivernehmung wird der Beweiswert häufig als gering eingeschätzt. Wie immer gilt daher: Vorsicht ist besser als Nachsicht! Im allgemeinen Geschäftsverkehr – insbesondere bei umfassenderen Geschäften – ist darauf zu achten, etwaige mündliche Absprachen schriftlich zu fixieren oder jedenfalls eine weitere Person in Besprechungen dabei zu haben, die im Streitfall vor Gericht als Zeuge aussagen kann.